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Das Betreuungsrecht

Viele Menschen verlieren im Laufe ihres Lebens die Fähigkeit, sich um ihre Angelegenheiten in rechtswirksamer Weise kümmern zu können, so dass sich für sie – und insbesondere für ihre Angehörigen – die Situation ergeben kann, dafür Abhilfe schaffen zu müssen.

Manche Menschen erwerben im Laufe ihres Lebens nicht die Fähigkeit, ihre Angelegenheiten selbständig zu regeln. Auch sie bedürfen der staatlichen Rechtsfürsorge.

Das Rechtsinstitut der sog. Betreuung schafft Abhilfe.

I. Voraussetzungen für die Einrichtung einer rechtlichen Betreuung ( §§ 1896ff. BGB )

- Volljährigkeit des Betroffenen

- psychische Krankheit ( z.B. Psychose, Suchterkrankung bei besonderer Schwere, Neurose ) oder körperliche (z.B.vollständige Lähmung ), geistige( z.B. angeborene oder erworbene Intelligenzdefizite) oder seelische (z.B. bleibende psychische Beeinträchtigungen als Folge psychischer Erkrankungen, Alzheimer-Demenz) Behinderungen

- Folge der Erkrankung bzw. der Behinderung ist die Unfähigkeit zur Erledigung der eigenen Angelegenheiten ( Kausalität)

- rechtliche Betreuung nur zulässig, soweit keine Vollmachten bestehen bzw. die relevanten Angelegenheiten auch ohne rechtliche Vertretung durch Dritte erledigt werden können ( Nachrangikeit der Betreuung)

- rechtliche Betreuung nur für solche Aufgabenkreise zulässig, für die ein Betreuungsbedürfnis besteht. In jedem Verfahren ist das Betreuungsbedürfnis des Betroffenen konkret zu ermitteln ( Grundsatz der Notwendigkeit)

Typische Aufgabenkreise:

- Vermögenssorge

- Gesundheitssorge

- Aufenthaltsbestimmung

II. Wer wird Betreuer?

Grundsätzlich kann jede volljährige Person, die geeignet ist, die bestimmten Aufgabenkreise rechtlich zu besorgen und den Betroffenen hierfür im erforderlichen Umfang persönlich zu betreuen, zum Betreuer bestellt werden.

Vorrang haben geeignete, vom Betroffenen vorgeschlagene Personen sowie Personen aus dem familiären und sozialen Umfeld.

Ein Dritter ( Fremder) wird nur bestellt, wenn niemand aus dem nahen Umfeld zur Verfügung steht.

III. Rechtsfolgen der Betreuung

Der Betreuer vertritt den Betroffenen innerhalb seines Wirkungskreises gerichtlich und außergerichtlich, das bedeutet, dass der Betreuer die Rechtstellung eines gesetzlichen Vertreters hat.

Soweit der Betroffene nicht mehr in der Lage ist, schließt der Betreuer erforderliche Rechtsgeschäfte ab (z.B. Heimvertrag , Pflegevertrag ) und nimmt erforderliche Erklärungen vor ( z.B. Zustimmung zu einer Operation ).

IV. Gerichtliches Verfahren

Über die Einrichtung der Betreuung entscheidet der Richter.

Das Verfahren beginnt

- auf Antrag des Betroffenen

- auf Anregung eines Dritten ( z.B. Verwandte, Ärzte )

- von Amts wegen

Der Antrag bzw. die Anregung kann grundsätzlich formlos ( einfaches Schreiben oder unter Zurhilfenahme der Geschäftsstelle des Betreungsgerichts) gestellt werden.

Es empfiehlt sich die Verwendung des Vordrucks.

Die Betroffene Person erhält vom Gericht Kenntnis über das Verfahren und seinen Verlauf, das Gericht beauftragt einen medizinischen Gutachter sowie die Betreuungsstelle des Landkreises Helmstedt mit der Erstellung eines sog. Sozialberichtes. Während der Gutachter sich dazu äußert, ob eine Erkrankung oder Behinderung vorliegt, trifft die Betreuungsstelle Feststellungen zu den Verhältnissen des Betroffenen und zum Umfang der Betreuungsbedürftigkeit. Sie schlägt auch einen geeigneten Betreuer vor.

Bevor das Gericht über die Einrichtung der Betreuung entscheidet, hört der Richter den Betroffenen persönlich an. Ist der Betroffene nicht in der Lage, bei Gericht zu erscheinen, erfolgt die Anhörung beim Betroffenen zu Hause.

Nach Einrichtung der Betreuung wird der Betreuer von dem Rechtspfleger des Betreuungsgerichts für sein Amt verpflichtet und erhält zur Legitimation einen Betreuerausweis.

Der Betreuer unterliegt der Aufsicht des Betreuungsgerichts und hat gegenüber dem Gericht einen Anspruch auf Beratung.

Mindestens einmal jährlich berichtet er dem Gericht über die persönlichen Verhältnisse des Betreuten und hat Rechnung über die Einnahmen und Ausgaben des Betreuten zu legen, wenn der Aufgabenkreis die Vermögenssorge umfasst.

Die Betreuung endet durch förmliche Aufhebung bei Wegfall der Voraussetzungen oder Tod des Betroffenen.

V. Gerichtliche Genehmigung

Für bestimmte, besonders wichtige Angelegenheiten benötigt der Betreuer eine Genehmigung des Betreuungsgerichts.

Aus dem Vermögensbereich sind hier insbesondere die Veräußerung eines Grundstücks und die Kündigung der Wohnung zu nennen, aber auch bestimmte Bankgeschäfte, im Bereich der Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitssorge vor allem die Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung, die Anordnung freiheitsentziehender Maßnahmen ( z.B. Bettgitter, Gurte ) und die Zustimmung zu besonders schweren ärztlichen Eingriffen ( z.B. Amputation eines Gliedmaßes, Operationen mit erhöhter Todesgefahr ).

VI. Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Betreuer

Grundsätzlich wird die Betreuung unentgeltlich geführt. Auslagen, die dem Betreuer in Ausübung des Amtes entstehen, werden auf Antrag, der fristgebunden ist, erstattet.

Gezahlt wird entweder eine pauschale Aufwandentschädigung ohne Einzelnachweis ( zur Zeit 399,00 € jährlich ) oder ein detailliert nachzuweisender Aufwendungsersatz. Der Betreuer hat das Wahlrecht.

VII. Wie vermeide ich die Einrichtung einer rechtlichen Betreuung?

Wie unter I. aufgeführt ist eine rechtliche Betreuung nur zulässig, wenn der Betroffene nicht bereits durch eine wirksame Vollmacht für seine Vertretung in den Bereichen, in denen Betreuungsbedarf besteht, gesorgt hat.

Das Vorhandensein einer solchen sog. Vorsorgevollmacht für Unfall, Krankheit und Alter schließt im Umfang dieser Vollmacht grundsätzlich die Einrichtung einer rechtlichen Betreuung aus.

Eine ausführliche Information des Niedersächsischen Justizministeriums zur Vorsorgevollmacht finden Sie beim niedersächsischen Justizministerium unter Service / Publikationen.

Rechtlich beraten werden Sie von Rechtsanwälten und Notaren.

VIII. Was versteht man unter einer Betreuungsverfügung und einer Patientenverfügung?

Bei einer sog. Betreuungsverfügung handelt es sich um eine schriftliche vorsorgende Verfügung, in der der Betroffene Wünsche und Vorstellungen für den Fall einer rechtlichen Betreuung niederlegt. Inhaltlich können darin Einzelheiten zur Lebensgestaltung und zur Person des gewünschten Betreuers gemacht werden. Grundsätzlich sind Gericht und Betreuer daran gebunden, es sei denn, die Erfüllung widerspräche dem Wohl des Betroffenen.

Die Betreuungsverfügung kann beim Gericht hinterlegt werden. Wer im Besitz einer Betreuungsverfügung eines anderen ist, ist verpflichtet, sie dem Gericht vorzulegen, sobald er Kenntnis von der Einleitung eines Betreuungsverfahrens erhalten hat.

In einer sog. Patientenverfügung beschreibt der Verfügende Vorstellungen und Regelungen, die sich mit der Frage befassen, ob und welche Behandlung er in einem medizinischen Notfall oder am Ende seines Lebens wünscht.

Ausführliche Informationen zu diesem Thema finden Sie u.a. auf den Internetseiten des Bundesjustizministeriums (Service-Ratgeber ), der Akademie für Ethik in der Medizin Göttingen unter www.Medizinethik.de, dem Zentrum für medizinische Ethik e.V. Bochum www.medizinethik-bochum.de.

Die Vorsorgevollmachten können bei dem zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer Berlin registriert werden. Vorsorgevollmachten, Betreuungsverfügungen und ähnliche Erklärungen (z.B. Widerspruch gegen ungewollte Organentnahme im Ausland) können beim Verfügungszentralreigster der Deutschen Verfügungszentrale AG registriert werden. Vor Einrichtung einer Betreuung wird vom Amtsgericht Helmstedt überprüft, ob bei diesen Registern entsprechende Verfügungen hinterlegt sind.

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